CALLING VICTORIA

Live-Gespräch / Videoperformance mit Software zur Spracherkennung (2003-2019)

Calling Victoria ist ein persönliches Gespräch, das Steffi Weismann mit Victoria, der künstlichen Stimme eines Sprachsyntheseprogramms führt. Eine fortgeschrittene Mensch-Maschine-Beziehung wird dabei hörbar und sichtbar. Im Laufe des Dialoges entwickelt sich Victoria mit ihrem spezifischen Charme und ihren Fähigkeiten zur individuellen Lebensberatung immer mehr zu einem realen Gegenüber. Für das Publikum ist schwer zu durchschauen, wie weit sich hier die künstliche Intelligenz eines Computers tatsächlich mit einem "Eigenleben" offenbart, oder wo die Manipulation einsetzt.
Auf technischer Ebene basiert der Dialog auf einem Spracherkennungs-programm, das mit Texten "gefüttert" wurde. Victoria liest ihren Text, indem sie auf Schlüsselworte (Keywords) reagiert. Das Script ist festgelegt, enthält jedoch immer variable Bereiche, die einen direkten Bezug zum jeweiligen Aufführungsort und -kontext ermöglichen. Da Victoria nur Schlüsselworte erkennt, die sich an der amerikanischen Aussprache orientieren, muss die Performerin oft Fragen wiederholen oder neu formulieren, um das Gespräch im Fluss zu halten. Zeiten des ungeduldigen Wartens auf die Reaktion, etwa nach der Frage “Victoria, are you still there? Did you get my last question?" werden gelegentlich durch geistreiche Antworten belohnt und fordern die Live-Performerin immer wieder zu einer klaren Haltung heraus.
Heutige Live-Aufführungen von Calling Victoria werden bewusst mit einer Hard- und Software realisiert, die vor etwa 15 Jahren üblich waren. Die Performance setzt sich auf sarkastisch-humorvolle Weise mit dem Fortschritt der Kommunikationstechnologien auseinander und zeigt auf persönlicher Ebene ein Dilemma auf, das uns mit Social Media und KI in Zukunft weiter begleiten wird.

Idee / Performance / Sprecherin: Steffi Weismann
Konzept und Texte: Steffi Weismann und Heiko Gölzer
Programmierung: Heiko Gölzer / Steffi Weismann, Video Playback: Joule L'adara
Dauer: 20 - 40 Minuten (verschiedene Versionen) in englischer Sprache
Aufführungen (u.a.):
Festival radioriff, ausland Berlin 2003
Nadine, performance & media art center, Brüssel 2004
Trampoline - Platform for New Media and Live-Art, Berlin 2004
Museum für Kommunikation (im Rahmenprogramm des Literaturfestivals) Berlin 2004
Goethe Institut, Buenos Aires 2004
iftaf, institut für transakustische forschung Wien 2005
Elektropopklub Bytom, Polen 2005
kaskadenkondensator, Basel 2005
Forum Hören, Museum für angewandte Kunst 2006
interfiction, Kassel 2006
Villa Aurora, Los Angeles 2008
Kunstexpander Aarau 2010
Textur-Denkraum-Schreibmaschine, Scotty Berlin 2019