Kollaborative Arbeitsmethoden und Interdisziplinarität
Die Thematisierung der Arbeitsweise, geht auf
die Einsicht zurück, dass ein Kunstprodukt nicht isoliert von seinem
gesellschaftlichen Umfeld betrachtet werden kann, und auch nicht als Inspirationsfunken
eines Künstlergenies vom Himmel fällt. Fragen, die sich auf
den Arbeitsprozess selbst beziehen, und die die Entwicklung von Zusammenarbeit
in nicht hierarchischen Strukturen vorantreiben, beschäftigen mich
seit vielen Jahren. Sie sind jedoch nicht mein Hauptthema, sondern schaffen
den Boden für meine künstlerische Arbeit und sind eher Ausdruck
einer Lebenshaltung.
Meine Arbeitsweise lässt sich aus einem experimentellen und einem interdisziplinären
Vorgehen herleiten. Der Antrieb für das Experimentelle ist einerseits
Neugier und Lust am Erfinden, andererseits Misstrauen oder auch Langeweile
gegenüber vorgefertigten Regeln und Meinungen. Ich folge der Überzeugung,
dass es immer auch anders gehen kann, als es einem gesagt wird, bzw. als
man/frau es vorher denkt.
Interdisziplinarität bedeutet für mich, aktuelle Strömungen
in den Bereichen Musik, Bildende Kunst, Theater und Performance zu verfolgen,
Arbeitstechniken zu entlehnen und Wechselwirkungen in der Praxis erfahrbar
zu machen. Das heisst nicht, dass alles mit allem vermischt wird, sondern
berücksichtigt durchaus die Autonomie der einzelnen "Sprachen".
Dabei geht es auch weniger um Akkumulation als um Reduktion.
Bei kollaborativen Arbeitsmethoden ist
ein offener Dialog im Arbeitsprozess notwendig. Der Wunsch nach Gleichberechtigung
und kollektiven Entscheidungen lässt sich aber nicht ohne Weiteres umsetzen. Das Feld
der Kunst sollte nicht vorrangig sozialen Regeln unterworfen werden, da dadurch eine Freiheit verloren geht, die nur in diesem Feld möglich ist. Modelle der rotierenden Verantwortung und Leitung sind beispielsweise eine Alternative. Die Kommunikation in der Zusammenarbeit kann verbessert werden, wenn man/frau beide Seiten kennt: Autor_in, Regisseur_in oder Komponist_in
auf der einen Seite und Interpret_in bzw. Performer_in auf der anderen Seite.
Bei meiner Zusammenarbeit mit MusikerInnen und
KomponistInnen basiert die Zusammenarbeit meist auf einer gemeinsamen
Konzeption. Manche Projekte beginnen zwar über die Initiative oder
Grundidee einer Person, die eine Zusammenarbeit vorschlägt. Sehr
früh wird die künstlerische Entwicklung des Projektes dann aber
gemeinsam erarbeitet, so dass die einzelnen Ideen später nicht mehr
eindeutig zuzuordnen sind. Dennoch werden die Aufgabenbereiche bereits
am Anfang klar abgesteckt. Oft fällt das Video und das visuelle Raumkonzept
in meinen Bereich. In einigen Projekten gibt es jedoch stärkere Überschneidungen,
so dass ich auch als Vokal- und Sprachperformerin agiere, Klänge
produziere, Regie führe oder Texte, Partituren, Spielanweisungen
oder Programmierungen entwerfe. (Text aus 2012)