Zufall und Live-Moment
Ich arbeite vor allem mit Live-Situationen. Meine künstlerischen Werke manifestieren sich
in der Aufführung und sind nur selten fertig gestellte Produkte. Von
einer Arbeit oder einem Grundkonzept gibt es meistens mehrere Varianten,
die sich in der Relation zu den Rezipient_innen, dem Ort oder dem Aufführungskontext
verändern.
Eine Performance existiert vor allem im Moment
und kann eine starke Präsenz erreichen, wenn dieses
Momenthafte spürbar wird. Ich lasse immer etwas Raum für Zufälle, spontane Entscheidungen und die Kommunikation zwischen den Anwesenden. Der Zufall bringt Bewegung in
gewohnte Abläufe und kann manchmal festgefahrene Denkmuster lösen ohne den moralischen Zeigefinger zu erheben.
Seit etwa 2001 verbinde ich in meinen kompositorischen Konzepten variable und
vorproduzierte Teile. Diese Praxis erlaubt den direkten Zugriff während der Aufführung
ohne das Gerüst der Gesamtform aufzugeben. Ich arbeite gerne
im Spannungsfeld von Kontrolle und Kontrollverlust. Manchmal werde ich
nach einem Auftritt gefragt: Was hättest du denn getan, wenn das oder jenes passiert wäre? Darauf gibt es nie eine eindeutige Antwort. Dinge passieren oder sie passieren nicht.
Meinen Wunsch nach spontanem Handeln, Leichtigkeit
und Schlagfertigkeit ironisiere ich zuweilen. Die improvisierten Teile
sind dann als "Fake" geplant. Die Vermischung von "Echtzeit"
und "Konserve" benutze ich als belebende Faktoren, durch die
der Spannungsverlauf und die Aufmerksamkeit des Publikums beeinflusst
werden kann. Die Ebenen der sogenannten Authentizität lassen sich
dabei spielend wechseln. Durch kleine Irritationen werden die Zuschaer_innen wacher, überprüfen ihre Wahrnehmung und beginnen eigene Gedanken zu
entwickeln. Die Kunst, die ich am meisten schätze, bewegt sich in
Dimensionen, die das Denken und die Sinne gleichzeitig ansprechen.
Seit 2004 gehören Programmierungen, Sensoren oder Interfaces zu den Arbeitsmitteln. Analoge oder digitale Medien, Körper, Raum, Text, Sprache, Lautsprecher oder Projektionen werden auch in Installationen oder Performance-Installationen eingesetzt. In diesen Fällen wird die aktive Rolle von Besucher_innen oder Passant_innen noch verstärkt. (Text 2014)
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